Bayreuths Openhaus

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Durch eine zierliche Tür schlüpfe ich in Bayreuths Markgräfliches Opernhaus. Im Theatersaal ertönt laut klassische Musik um die Besucher zu begrüßen. Ich setze mich still auf den mir zugewiesenen Platz. Um mich erstrahlt goldener Glanz, wo ich auch nur hinsehe. Auf der ausgefahrenen Leinwand erscheint ein Bild von Wilhelmine von Preußen. Sie ist die älteste Tochter von König Friedrich Wilhelm I und hat den Bau des Gebäudes anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth angeordnet. Sie heiratete den Württemberger Herzog Carl Eugen von Württemberg. Wilhelmine hatte eine Schwäche für die schönen Künste, die Musik, das Theater und die Oper. Für die Vermählungsfeier ihrer einzigen Tochter erwarb sie ein Grundstück für ein neues Opernhaus und warb den Stararchitekten Joseph Saint-Pierre für den Aufbau an. Das Logentheater, in dem ich gerade Platz genommen habe, ist ganz aus Holz gefertigt. Ich sehe drei Ränge, die den drei Ständen der Gesellschaft zugeordnet sind. Die Fürstenloge wurde trotzdem fast nie vom Markgrafenpaar genutzt. In der Mitte der ersten Reihe standen nämlich goldene Sessel, von denen aus das Geschehen auf der Bühne aus geringerer Entfernung beobachtet werden konnte. Zur Eröffnung war die Fassade des Hauses noch nicht ganz fertiggestellt. Dennoch wurden im Rahmen eines glänzenden Fests italienische Arien aufgeführt. Der Bau des Gebäudes, für dessen Kosten letztlich die markgräflichen Untertanen aufkommen mussten, stürzte das Fürstentum Bayreuth in eine Schuldenkrise.

Ich wende meinen Blick zur Bühne. Ein Mitarbeiter betritt den Saal. Die klassische Musik wird leiser und verklingt. ‚So.‘ der Mann schaut uns freundlich an. ‚Die Musik, die Sie eben gehört haben, stammt aus der Oper Ezio von Johann Adolph Hasse. Er kam extra zur Eröffnung dieses Opernhauses in unsere Stadt. Wilhelmine wollte mit dem Gebäude und der Hochzeit ihrer Tochter dem Adel in Europa zeigen, welche kulturelle Bedeutung Bayreuth besitzt. Dieses Theater ist eines der wenigen barocken Häuser, die noch existieren. Es ist das einzige, das außerhalb eines Schlosses errichtet wurde. Dadurch erhielt es sogar 2012 den Welterbetitel der UNESCO. Dass es so gut erhalten ist, liegt unter anderem daran, dass es nach Wilhelmines Tod kaum mehr benutzt wurde. Vielleicht haben Sie es schon bemerkt, der Innenraum hier besteht nahezu vollständig aus Holz und Leinwand mit Illusionsmalerei. Zur Eröffnung stand hier nur das Holzhaus. Dieses trägt den Klang überaus gut.‘ Er lächelt begeistert. ‚Sie sollten einmal zu einer Vorstellung hierherkommen.‘ Er hebt beide Hände zu einer ausladenden Handbewegung, die den gesamten Rau einfasst. ‚Die steinerne Ummauerung wurde innerhalb von drei Jahren nachträglich hinzugebaut. Alles sind einzelne Teile, die dann hier zusammengefügt worden sind. Quasi eine Schnellbauanleitung für ein Fertig-Opernhaus.‘ Er deutet hinter sich auf das Bühnenbild. ‚Sie sehen auch hier am Gemälde durch diverse leichte Randlinien die einzelnen Stücke. Das Bild wurde hier nur noch zusammengesetzt. So haben wir heute das Glück dieses Bauwerk immer noch bestaunen zu können.

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Die Bühne war allerdings nicht das wichtigste zu dieser Zeit. Es galt der Wahlspruch sehen und gesehen werden.‘ Mein Blick geht zur Loge des Markgrafenpaars über mir. Der Mitarbeiter des Opernhauses fährt fort. ‚Man hat sich während der Vorstellung lautstark unterhalten oder Karten gespielt. Es gab oftmals im Gebäude sogar ein eigenes Spielkasino. Der Auftritt des adligen Paares wurde überaus inszeniert, daher zeigen auch alle Logenplätze auf deren Sitze. Früher brannten hier bis zu 1.000 Kerzen während einer Vorstellung. Das sowohl im Zuschauerraum als auch auf der Bühne. Viele der barocken Theater sind daher schlichtweg abgebrannt. Das Bauwerk war damals auch nicht gedacht, um Jahrhunderte zu überstehen. Man plante lediglich mit 20, 30 oder maximal 50 Jahren, niemals für Jahrhunderte. Die Mode änderte sich ja auch sehr, sehr schnell. Die Orchester wurden größer und die Technik reifte ebenfalls heran.‘ Er blickt kurz hinter sich. Ich folge seinem Blick. ‚Kommen wir noch einmal zur Hauptbühne. Diese war eine der Größten ihrer Zeit, nämlich 27 m tief und 24 m breit. Richard Wagner hatte sich dieses Haus einmal angeschaut, bevor das Festspielhaus in Bayreuth gebaut wurde. Ihm war für seine Veranstaltungen aber die Bühne zu groß und der Orchestergraben zu klein. Das Hauptproblem für den Komponisten war hier aber definitiv der Zuschauerraum. Dieser sollte keinesfalls vom Stück ablenken, weil er selbst schon ein Kunststück wäre. Das sehe ich ein. Bei dem überbordenden Gold in meiner Umgebung geht das natürlich denkbar schlecht.

 

 

 

 

 

 

 


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