Verzweifelt trete ich auf die Bremse. Und wieder rutscht die Motorhaube meines kleinen schwarzen VW nach vorn in Richtung Kofferraum des silbernen Kombis. Dieser Urlaub ist wie verhext. Obwohl der Rückwärtsgang eingelegt ist schafft es der zierliche Stadtflitzer nicht den steilen Abhang hinauf. Wie konnte ich nur so blöd in zweiter Reihe parken. Erneut versuche ich rückwärts bergan zu fahren und wieder sackt das Auto ein Stück nach unten zum davor parkenden Wagen hin. Ich steige aus. Deprimiert lehne ich mich an die Fahrertür. ‚Ich komme hier nicht raus.‘ meine ich zu meinem Reisepartner. ‚Dann müssen wir mit dem Zug weiterfahren und morgen wiederkommen.‘ erwidert der. ‚Und wenn dann der nächste dort parkt? Dann haben wir das gleiche Problem.‘ Ich laufe zur Heckscheibe des vor mir parkenden Wagens. Der Parkschein ist bis morgen gültig. ‚Mist. Der Fahrer kann womöglich erst morgen wiederkommen.‘ entsetzt wische ich mit beiden Händen übers Gesicht. Ich krame in meinem Koffer nach der Nummer des Pannendienstes. ‚Was sollen die denn machen?‘ meint mein Mitfahrer entgeistert. ‚Wie sollen die Dich da denn rausbekommen?‘
Langsam werde ich sauer. Ich gebe meinem Koffer einen kräftigen Tritt. Er rutscht über den Boden. Die Metallschale zeigt einen geraden Riss. ‚Irgendwie werden die das schon schaffen.‘ sage ich verärgert. Stark anzunehmen, dass vor mir bereits ein Fahrzeugbesitzer in einer ähnlichen Situation war. ‚Hast Du eine bessere Idee?‘ Meine Stimme klingt gereizt, aber solche Äußerungen helfen derzeit wirklich niemand. Schon vor zwei Tagen als wir losfahren wollten, hatte ich über Nacht mein Licht am Wagen brennen lassen und die Batterie war am nächsten Morgen leer. Mit Unterstützung der Kollegen von der Arbeit hatten wir mein Auto überbrückt und es schließlich nach Alken an die Mosel geschafft. Das Fahrzeug war zum Glück auch am nächsten Tag angesprungen und ich hatte mein VW hier auf dem Parkplatz abstellen können. Genervt schüttele ich den Kopf. Hoffentlich kann der Pannendienst helfen. Ich hänge in der Warteschleife. ‚Willst Du es mal probieren?‘ frage ich meinen Mitfahrer. ‚Nee, ich kenne das Auto doch gar nicht.‘ er winkt ab. Ich setze mich wieder hinters Lenkrad und probiere erneut zurück zu fahren. Wieder rutscht das Auto nach vorn. ’Also Du beschäftigst die Leute.‘ mein Reisepartner schüttelt den Kopf. ‚Was soll der Abschleppdienst denn unternehmen?‘
Ich muss mich beherrschen, dass ich nicht vor lauter Wut ins Lenkrad beiße. Schließlich setzt sich meine Begleitung doch hinters Steuer. Die Räder des kleinen Wagens quietschen auf und es stinkt nach verbranntem Gummi. Immerhin bewegt sich das Auto aber rückwärts. Da kommt auch schon ein Kombi angefahren und stellt sich in Erwartung der freien Parklücke direkt und dicht hinter uns. Ich renne vor den Kofferraum meines Autos und winke hektisch mit beiden Armen. ‚Hau ab, fahr zurück.‘ schreie ich und schiebe den Wagen in der Luft schon mal mit beiden Händen weg. Sonst kommen wir hier ja nie raus. Mit großen Augen glotzt mich die Fahrerin ausdruckslos an. Beim Geräusch der rasant herannahenden Reifen versteht sie dann aber doch und bringt ihr Gefährt schnell in Sicherheit. Dann starrt sie mich an und wedelt entsetzt mit der offenen Handfläche vor ihrem Gesicht. Sie hält mich für verrückt. Ich bin für sie eine völlig Irre. Mir ist das komplett egal. Hauptsache wir können weiterfahren. Auch solche Momente muss es im Urlaub geben.Zum Glück erinnert man sich am Ende nur noch an die Guten. Wenig später sitze ich in einem Straßencafé in Beilstein. ‚Ich hatte ein stilles Wasser bestellt.‘ sage ich zu der jungen Bedienung und halte ihr mein sprudelndes Glas hin. Nach kurzer Zeit tauscht diese mein Getränk aus. ‚Bekomme ich auch noch mein heißes Wasser?‘ wegen der vielen Allergien hatte ich immer verträglichen Tee dabei. Das Wasser hatte sie vergessen, das bekomme ich in einer dampfenden Kanne. Dazu aber leider keine Tasse. Dann kommt der Salat mit falschem Dressing und voller Zwiebeln. Nach kurzer Beschwerde geht dies auch wieder zurück. Will denn heute gar nichts klappen? Ich lehne ich zurück. Über mir thront auf einer Hügelspitze umgeben von Weinreben die Burg Metternich. Ich sitze inmitten von zierlichen Kopfsteingassen. Die Altstadt wird umrahmt von zwei winzigen, uralten Bachläufen. Romantisch schmiegen sich die eleganten Fachwerkhäuser in die winzigen Gässchen. Bittere Armut der Bauern und Winzer führte dazu, dass das Stadtbild des zierlichen Moselstädtchens seit jeher völlig unverändert geblieben und in einem Dornröschenschlaf verharrt ist. Der kleine Ort hat gerade mal 160 Einwohner. Hier kann ich erst mal durchatmen. Und irgendwann werde ich vielleicht die Gelassenheit besitzen mich nicht mehr über Reisepannen aufzuregen.