Ein letzter Wintertag am Schluchsee

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Schnee und Frost behaupten sich hartnäckig. Grauweiße Schneeberge liegen auf dem verwelkten Gras des Rasens am Schaufenster der Touristinformation. Der kleine Bahnhof vor dem beschaulichen Schluchsee im schönen Südschwarzwald liegt abgesehen von meinem Besuch völlig verlassen da. Das azurblaue Wasser des Sees spiegelt die grelle Mittagssonne. Die Winterstrahlen tanzen in sanftem weißem Licht auf den leicht schwappenden Wellen. Ein eisiger Wind treibt die Wasserbewegung an. Der Beginn  des Frühlings ist spürbar und dennoch will der Winter sich nicht kampflos geschlagen geben. Die Wasseroberfläche ist in weiten Teilen noch zur Eiskruste erstarrt. Ein paar dunkle Vogelumrisse erscheinen in der Ferne auf den treibenden, schmalen Eisschollen. Verlassen und trist liegen die einsamen graugelben Strandabschnitte da. Der Schluchsee ist der mit einer Länge von 7,5 Km und einer durchschnittlichen Breite von 800m der größte Schwarzwaldsee. Die Wasserfläche beträgt 514 ha.

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Ich treffe kaum einen anderen Spaziergänger. Ein Schwan zieht grazil und elegant im aufgetauten Seebecken seine Runden. In den Berggipfeln des umliegenden Schwarzwalds leuchten die Tannenzweige in sattem Wintergrün und die zarte Schneedecke stäubt bei jeder Windböe einen weißlichen, filigranen Schleier von den zierlichen Zweigen. Ein feiner Schneenebel umhüllt dann den Boden und wirbelt ins Tal. In so einem kleinen Ort wie Schluchsee könnte ich niemals leben. Mein Alltag wäre mir weitaus zu isoliert. An einem sonnigen Tag außerhalb der Touristensaison lässt sich bei einem schönen Spaziergang in diesem Dorf allerdings überaus unglaubliche Kraft, Energie und Entspannung tanken. Der Wind pfeift lautstark durch die Äste der Bäume und das verwelkte Gestrüpp am Seeufer. Der heftige Hauch kräuselt nachdrücklich die Wellen. Gegen die einströmende, eisige Kälte wärmt die Mittagssonne meine Haut. Dankbar hebe ich mein Gesicht in die Sonne und blinzle in das gleißende Licht.

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Die Luft hier mitten im Schwarzwald ist ganz anders. Sie riecht frisch und belebend. Ich spüre förmlich wie der Sauerstoff beim Einatmen in meine Lungen schießt. Die reißenden Windstöße, die schnell über das Wasser fegen, treiben mir winzige Tränenfetzen in die Augenwinkel. Meine Nase tropft kontinuierlich und beständig in der winterlichen Kälte. Zierliche, schmale Quellläufe plätschern an den Hängen hinab zum Fluss. Laut glucksend speisen diese das kalte Wasser des Sees. Wenige Vögel geben leise ein stilles Konzert zwischen den tristen Baumwipfeln der Uferpromenade. Der sandige Boden ist voller Pfützen und sehr matschig. Ich spüre den kalten Hauch des Wetters auf meinen Wangen. Unter meinen Schuhen knirrscht der feste Schnee. Die Ufer des Schluchsees sind absolut menschenleer. Kleine bleiche Gesteinsbrocken liegen wahllos verstreut auf dem Uferdamm.

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Ich kicke einen bräunlichen, vergilbten Kiefernzapfen über den feuchten, unebenen Boden. Dann knete ich die Starrheit aus meinen festgefrorenen Fingern.Ein zartgrüner Moosfilm zeichnet feingliedrige Muster auf den steinernen Brocken rings um den Wegespfad. Welkes Laub überweht das Ufer und verfängt sich im gelblichen und spärlichen Grashalm der Promenade. Das Wasser ist am Uferrand völlig klar. Ich kann bis auf den Gewässergrund hindurch sehen. Auf den Gleisen, an denen ich entlang spaziere, zerreißt das metallische Rattern von Zugrädern die absolute Ruhe. Kurz darauf ebbt das mechanische Geräusch wieder völlig ab und gibt die Umgebung wieder totaler Stille preis. Sand und Tannennadeln kleben fest van meinen Schuhsohlen. Der Wind untermalt mit kräftigem Rauschen die Melodien der Vögel. Dann fühle ich mich wieder völlig einsam.

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Oberhalb des Sees werden die bewaldeten Hänge in der Ferne von Skiloipen durchzogen. Wintersportler kommen hier auf ihre Kosten, auch wenn cih derzeit keine Miniaturskifahrer erblicken kann. Die Sonne kämpft sich widerwillig durch die grauen Wolken, die den gesamten See inzwischen eingenommen haben. Erneut tanzen die leuchtenden, wohlwollenden Strahlen auf den vom Wetter bewegten Wogen. Ich spüre wieder die starke, behagliche Wärme auf meinen Gliedern. Um den See sind einige Holzbänke verteilt. Erleichtert und völlig ohne Eile setze ich mich. Dieser Tag als Eremit ist ein wunderbares Geschenk. Er bedeutet völlige Entspannung und Loslassen. Keine Situation oder Erfahrung mogelt sich vakant in mein Denken. Ich schaue einfach nur auf das die helle Wintersonne wiederspiegelnde Wasser des Sees. Ich habe alle Zeit, die nötig ist. Mir ist auch auf dem weiteren Spaziergang kein zweiter Fußgänger begegnet.

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