Winter an der Donau

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Langsam rieselt der Schnee auf meine Mütze. Kalt weht der eisige Winterwind durch die Straßen von Donauwörth. Beim Spaziergang durch die zierliche Altstadt klappern meine Zähne kontinuierlich aufeinander. Ich presse Ober- und Unterkiefer fest zusammen um das permanent nervende Geräusch zu unterbinden. Mühsam stapfe ich durch den Schnee. Der Friedhof innerhalb des Klosterkomplexes Heilig Kreuz wird von altertümlichen schwarzen Grabkreuzen aus Eisen gesäumt. Die Kirche ist völlig verlassen. Ich bin der einzige Spaziergänger. Der Himmel liegt in nebligem Grau. Kaum ein Sonnenstrahl kämpft sich durch die diesige Wolkensuppe. Die kühle Winterbrise rauscht durch die Zweige der mächtigen Tanne, die auf dem Kirchhof steht. Die schwere Klostertür aus Holz zu öffnen ist anstrengend. Langsam schwingt das Tor auf. Völlig geräuschlos und behebig fällt die Pforte zurück ins Schloss. Meine Schritte hallen einsam auf den blanken Bodenfliesen des Gotteshauses. Ich gehe langsam auf den Altar zu und mustere die Seitenschiffe. Spärlich fällt das Licht durch die bunten Mosaiken der Glasfenster. Die matten Sonnenstrahlen zaubern beim Gleiten durch die Fensterscheiben kaum einen bunten Punkt auf den hellen Bodenbelag.

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Ich betrachtete die goldbeschlagenen Altäre in den Seitenschiffen. Schmuckbesetzt sitzen auf den Marmortischen längliche Glaskästen. Neugierig schiebe ich mich näher heran. Fleischlose Totenschädel grinsen mich in ewigem Grinsen durch die durchsichtigen Sarkophage an. Die augenlosen Höhlen folgen beständig jeder meiner Bewegungen. In einem ewigen morbiden Lächeln erstarrt finden sich in dieser Kirche die Gebeine von mehreren Personen. Die öffentliche Darstellung der unverhüllten Skelette lässt mir in der leeren Kathedrale einen leichten eisigen Schauer über die Haut laufen. Vielleicht sind dies einige Mönche aus dem früheren Kloster, die sich durch besonderes Lebenswerk hervorgetan hatten. So publik ausgebahrt zu werden würde ich keinesfalls mögen. Womöglich ist dies aber als besondere Ehre zum Gedenken der Verstorbenen gemeint. Von einem angenehmen Gruseln geschüttelt betrete ich im Keller die Gruft innerhalb des Klosterkomplexes.

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Hier ruht die bayerische Herzogin Maria von Brabant. 1256 wurde die arme Frau auf dem Mangoldfelsen oberhalb von Donauwörth auf Befehl ihres Gatten Ludwigs des Strengen enthauptet. Obwohl seine Ehefrau als schön, fromm und gütig beschrieben wurde ließ Ludwig diese wegen Verdachts der Untreue auf seiner Burg Mangoldstein hinrichten. Ihre beiden Hofdamen Helika und Mechthildis starben wegen Mitwisserschaft gleich mit. Ebenso der Burgvogt, weil dieser sich geweigert hatte die Köpfung vorzunehmen. Herzog Ludwig der Strenge befand sich 1256 auf einem Kriegszug in der Rheinpfalz. Seine Gattin Mariaschrieb ihm einen Brief, in dem sie ihn um baldige Rückkehr bat. Gleichzeitig schrieb sie eine Nachricht an den befreundeten Ritter Raugraf Heinrich, der sich bei ihrem Gemahl aufhielt. Die Herzogin wünschte sich darin, er solle sich Ludwigs anzunehmen und ihn wohlbehalten zurückzubringen. Sie würde ihm dafür auch die besondere Gunst gewähren um die er sie schon lange gebeten habe.

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Der Raugraf war schon einige Male am Herzogshof gewesen und hatte dabei der Herzogin das ‚Du‘ vorgeschlagen. Schließlich sprachen auch andere vertraute Ritter die Herrscherin so an. Was dieses gewöhnliche Wort vor etwa 1.000 Jahren noch auslösen konnte! Die arme Maria! Sie hatte beide Briefe mit verschiedenfarbigem Siegellack verschlossen. Der Bote konnte leider nicht lesen und sollte sich nach den Farben richten. Dennoch hat der Lieferant die Nachrichten blöderweise verwechselt. So erhielt Ludwig versehentlich das an Raugraf Heinrich adressierte Schreiben. Voller Zorn und von blinder Eifersucht getrieben ritt er sofort zurück nach Donauwörth. Unmittelbar nach seiner Ankunft ließ er Maria enthaupten. Kurz darauf erkannte der Herzog, dass er seine Frau wohl zu Unrecht verdächtigt und hingerichtet hatte. Als Buße stiftete er ein Zisterzienserkloster in Fürstenfeldbruck. Sein Beiname ‚der Strenge‘ wurde ihm wohl auch wegen des Mordes an seiner Frau gegeben. Die steinerne Platte unter der die Herzogin begraben wurde wird von einem massiven und aufwändig gestalteten Schmiedeeisen-Gitter abgeschirmt. Daneben sind auch Gedenktafeln Hofdamen, die gleich mit ihr hingerichtet wurden. Der Burgvogt, der nicht köpfen wollte, ging leider leer aus!

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