Das trockene Salz klebt kristallweiß an meinen Schuhsohlen wie festgetretener Schnee. Die gesamte Umgebung ist überzogen mit einem feinen weißglitzernden Pulverfilm. Bei 35° C Außentemperatur handelt es sich natürlich nicht um einen Schneeteppich, sondern um pure Salzkörner. Der ausgetretene Touristenpfad hat das Salz bereits zu einem undurchdringlichen weißen Bodenbelag platt getrampelt. Großzügige längliche Salzwaben säumen die Weiten des Badwater Bansin im Nationalpark Death Valley bis zum Rande des Horizonts. Die feinen Salzkristalle sammlen sich in wilden, unreglmäßigen Formen hauptsächlich an den Rändern der symmetrischen Gebilde. Das mosaikhafte Muster setzt sich unendlich fort und flimmert in weiter Ferne in der Hitze der Luft verschwommen und unscheinbar. Ein Großteil dieses Parks liegt in Kalifornien, ein kleinerer in Nevada. Das weiße Gold knirscht bei jedem Schritt unter meinen Füßen. Ich spüre bei jedem Schlucken den feinen Salzfilm der meine Kehle hinunter rinnt und einen Geschmack hinterlässt als hätte ich in einen Salzstreuer gebissen. Ich befeuchte meine trockenen, spröden Lippen. Kleine Schweißperlen rinnen meine Oberarme und das Gesicht entlang.
Es gibt hier keinen Baum der Schatten spendet. Die Sonne brennt gnadenlos auf alles nieder, was sich unter ihr bewegt. Was der Hitze nicht gewachsen ist, kann auch nicht überleben. ‚Haben wir Wasser dabei?‘ meine Stimme klingt erschöpft. Die geringe Strecke, die ich auf dem salzigen Pfad zurück gelegt habe, hat mich schon völlig ausgelaugt. Gierig trinke ich aus der kleinen Flasche. Zum Glück haben wir noch einen 5 Liter Kanister Wasser im Auto, um die Wasservorräte immer wieder aufzufüllen. Badwater Bansin bekam seinen Namen, da ein Esel hier nicht aus der Wasserstelle trinken wollte, da ihm dies viel zu salzig war. Daher wird der Ort als ’schlechtes Wasser‘ bezeichnet, für Mensch und Tier ist es nicht genießbar. Die felsigen Berge um uns sehen aus wie riesige Baustellen aus Geröll, Steinen und Erde. Fast so als hätte man alle Arbeiten abrupt eingestellt und allen Schotter einfach liegen gelassen. Die gnadenlose Kraft der Sonne dieser völlig busch- und baumlosen Region fordert ihren Tribut. Nach kurzer Zeit in der kräftigen Mittagshitze bin ich völlig ausgetrocknet und überhitzt. So viel kann man gar nicht trinken um gegenüber der Temperatur zu bestehen.
Wasser ist in Nevada und Kalifornien recht knapp. Kanäle und Staudämme von riesigem Ausmaß wurden im letzten Jhd. gebaut, um die Menschen mit Flüssigkeit zu versorgen. Die meisten Flüsse werden durch die Schneeschmelzen in den Gebirgen gespeist. Diese nehmen immer mehr ab und die Gewässer trocknen dadurch aus. Da das Schmelzen des Schnees zusätzlich immer früher einsetzt, gibt es im Frühjahr größere Wassermengen, die im Sommer dafür nicht zur Verfügung stehen. Dies kann zu mangelnder Wasserversorgung in den Sommermonaten führen. Wenn das Klima trockener und wärmer wird, wird zusätzlich der Energiebedarf höher um Wasser auf anderen Wegen zur Verfügung zu stellen. Man muss dieses durch das Gebirge in den Süden des Landes leiten. Das ist enorm kostspielig. 48 Prozent des Wasserreservoirs liegen in Kalifornien in der Hand eines landwirtschaftlichen Großunternehmers. Im Winter, wenn die Felder brach liegen, kauft er Wasserrechte und spart das Wasser, um es im Sommer teuer an die Städte, die es dann dringend brauchen, zurück zu verkaufen.
Die Regierung Kaliforniens ergriff Maßnahmen, um die steigende Wassernachfrage stillen zu können. Den Bürgern wurde das Wassersparen nahe gelegt und die größte Wasseraufbereitungsanlage der Welt wurde errichtet. Diese kann allein 500.000 Menschen mit Wasser versorgen. Ebenso wurden neue Staudämme geplant, damit neue Wasserreservoirs bereit stehen. So hofft man den Wegfall des Schnees aufzufangen und damit im Sommer auf mehr Wasser zurückgreifen zu können. 2017 erklärte die Regierung die Dürreperiode nach starken Regenfällen zunächst für beendet. Zeitweise war es vorher verboten gewesen den Rasen zu sprengen oder kostenlos im Restaurant Trinkwasser zu servieren. Aufgrund der anhaltenden Regengüsse füllte sich 2017 der Oroville Staudamm in Kalifornien so stark, dass die Staumauer kaum mehr standhalten konnte. Wenn die Vorrichtung brechen würde käme es zu einer immensen Flutwelle. Der Damm ist einfach falsch konstruiert worden. Der Neubau von Dämmen zu Energiegewinnung lohnt nicht. Strom aus Wassergewinnung kann mit Sonnen- und Windenergie nicht mehr konkurrieren. Deshalb gibt es auch immer weniger Geldgeber, die in die Instandsetzung alter Dämme investieren wollen.
Eine neue Idee befasst sich mit Entsalzungsanlagen für Meerwasser. 2015 ging die erste in Kalifornien in Betrieb, 2017 eröffnete man zehn weitere. Fünfzehn sollen noch folgen. Zur kompletten Versorgung von Kalifornien ist diese Art der Wasseraufbereitung allerdings noch zu teuer. Daher müssen Dämme und Brücken zunächst verstärkt werden. Straßen muß man erhöhen oder verlegen. Generell muss ein Umdenken erfolgen. Die Bedrohung durch Dürre ist in Kalifornien längst nicht gebannt, auf langfristige Sicht muss man neue Möglichkeiten der Wasserversorgung auftun und zur Verfügung stellen. Aber nicht nur in Kalifornien wird das wasser knapp, auch Nevada hat mit Wassermangel zu kämpfen. Las Vegas hatte immense Wasserprobleme durch Trinkwasserverschwendung. Die vielen Hotels mit ihren Wasserspielen, übergroßen Badewannen in den Hotelzimmern oder Swimming Pools hatten zuvor einen Wasserverbrauch von 446 Litern pro Kopf im Jahr. Fast dreimal so viel wie bei uns in Deutschland. 2015 wurde das Wasser des Lake Mead Stausees so knapp, dass die Stadt zum Wasser sparen gezwungen wurde. Man setzte damals Wassercops ein, die die Stadt nach Wasserverschwendung durchsuchten.
Knausrigkeit im Umgang mit Wasser ist in Las Vegas heute eine Tugend. Obwohl pro Jahr mehr als 40 Millionen Touristen hierher kommen, verbrauchen alle Hotels und Casinos am Strip nur 7,5 Prozent des städtischen Wassers. Zwei Drittel davon werden sogar wieder ins System eingespeist. Die Stadt hat sich zu einem weltweit beachteten Vorbild in Sachen Wassersparen gewandelt und wird nach Meinung von Fachleuten auch dann nicht auf dem Trockenen sitzen, wenn der Tourismus weiter boomt. Dennoch war der Pegel des Lake Mead Stausees noch nie so niedrig wie heute. Sein Reservoir ist heute nur noch zu 39 % gefüllt. 90 % des Trinkwassers in Nevada stammen aus diesem Stausee. Der Stadt war also bewusst, wenn Nevadas Nachbarstaaten ebenfalls Wasser aus dem Reservoir pumpten, bliebe für Las Vegas nichts mehr übrig. Seit 2003 bezahlt die Großstadt daher Bürgern und Unternehmen Geld für jeden Quadratmeter Rasen, den sie entfernen. Denn Wasser, das zum Gießen verwendet wird, verdunstet größenteils und kann nicht wieder in den Kreislauf eingespeist werden. Rund 17 Quadratkilometer Grünfläche sind dank des Programms wieder zu Wüste geworden.
Las Vegas fängt mittlerweile mehr als 93 Prozent des Abwassers aus Gebäuden auf, um es zu klären und in Trinkwasserqualität wieder in den Lake Mead einzuspeisen. Jeden recycelten Liter kann sich die Stadt für die künftige Entnahme gutschreiben lassen. Laut Forschungen soll der Pegel des Sees im kommenden Jahrzehnt auf unter 1.000 Fuss über Null absinken werde. Damit ginge bald den anderen Anrainerstaaten Kalifornien und Arizona das Wasser aus. Sobald die Füllhöhe unter 890 Fuß fällt, liegen die Ansaugstutzen für Flüssigkeit im Freien. Las Vegas hat den Vorteil 2015 den sogenannten dritten Strohhalm in Betrieb genommen zu haben. Die rund anderthalb Milliarden Dollar teure Bohrung samt neuer Pumpstation stellt sicher, dass Südnevada den Stausee von ganz unten anzapfen kann. Wir fahren zurück ins Hotel, meine gesamten Klamotten sind völlig verschwitzt und daher durchnässt. Dennoch freue ich mich nur begrenzt auf eine ausgiebige Dusche. Der Wasserstrahl unter dem ich stehe wird nicht kälter als lauwarm und spiegelt die Hitze der Umgebung. Bei der ganzen Wasserknappheit dieses Ortes nutze ich das Badezimmer bemerkenswert kurz. Auch als Tourist kann man seinen Beitrag leisten.
macht echt nachdenklich
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Hallo kunterbunt79,
Ja, ich finde es total seltsam, dass ein Land eine Riesenküste hat und dennoch ein immenses Wasserproblem. Liebe Grüße
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