In Laos westlichen Bohnenkaffee zu finden gleicht einer Odysee. ‚Guten Morgen.‘ ruft mir der Mann von der Rezeption meiner Unterkunft auf Deutsch zu. Konzentriert und ernsthaft bringt er die wenigen Wörter vor, die er in meiner Sprache spricht. ‚Vielen Dank.‘ ich lächele und nicke ihm zu. Der Laote grinst breit zurück. Dann schlürfen meine Flip Flops über den steinigen Gehweg der zweitgrößten Stadt in Laos, Luang Prabang. Ich frage mich durch sämtliche Restaurants, die meisten bieten nur Instantkaffee an. Bei einer Bäckereikette werde ich fündig. Ich genieße zum Frühstück Rührei und nehme noch einen weiteren Kaffee mit auf den Weg zum Guesthouse. Ich lasse mich neben Johannes auf einen freien Stuhl fallen. ‚Hier einen Roller zu mieten ist keine gute Idee.‘ er schüttelt energisch den Kopf. ‚Man muss seinen Reisepass bei der Vermietung abgeben. Die Firmen in Luang Prabang haben alle Zweitschlüssel. Es könnte uns passieren, dass der Roller mit diesem geklaut wird. Den hinterlegten Pass bekommen wir erst wieder, wenn wir 2.000 Dollar für das geklaute Fahrzeug bezahlen.‘ Er sieht von den vielen Erfahrungsberichten im Internet auf. ‚Oder wir erhalten einen bei dem die Bremsen schon völlig hinüber sind. Dann bleiben wir irgendwo liegen und müssen das Abschleppen durch die Vermietungsfirma bezahlen.‘
Ernst blicke ich ihn direkt an. Und ein wenig ungläubig. Es ist einfach unfassbar mit welchen Tricks die Einheimischen hier in Laos den Touristen das Geld aus der Tasche ziehen. ‚Das sollten wir dann lieber nicht austesten.‘ sage ich bestimmt. ‚Lass uns den Bus nehmen. Der nächste fährt in einer Stunde.‘ Mein Blick gleitet zum Fahrplan an der Wand. In Laos wurde ich gleich beim Grenzübertritt übers Ohr gehauen. Das war für mich kein guter Start in diesem Land und trägt nicht dazu bei, dass viele Touristen hierher kommen. Die meisten Besucher sind Aussteiger. Wie Johannes, er ist schon ein Jahr auf Reisen. Laos würden er und ich nicht noch einmal besuchen. Alles was es hier gibt, findet ein Reisender auch in Thailand. Und dort gibt es zusätzlich Küsten und Strände. Die Thais sind freundlicher als die Laoten. Und ich hatte während meines Aufenthalts dort nicht das Gefühl ständig über den Tisch gezogen zu werden. Auf den Besuch der Wasserfälle Kuang Si in der Nähe von Luang Prabang freue ich mich aber. Dies ist die einzige Möglichkeit während meines Urlaubs noch zu baden. Meinen Bikini trage ich bereits unter die Kleidung.
Am Busfenster ziehen Reisfelder und Bananenplantagen vorbei. Vereinzelt ragen Palmen aus der landwirtschaftlich geprägten Umgebung. Im Hintergrund leuchtet das dichte und immerwährende Grün der mit Dschungel bewachsenen Berge. Wie ein anmutig geschwungenes Band trennen die hoch gewachsenen Bäume und Pflanzen die fruchtbaren Hügel vom himmelblauen Horizont. Keine Wolke zieht am Firmament vorbei. Es ist angenehm kühl. Nach wenigen Minuten verschwinden die Felder und machen zarterem, jungem Blatt- und Buschwerk Platz. Die Straße ist nicht asphaltiert und gleicht eher einem sandigen Weg. Die Fahrt ist uneben. Jedes Schlagloch drückt mich unsanft in den Sitz und hinterlässt einen harten Aufprall auf dem Sitzkissen. Dennoch döse ich aufgrund der ständigen Schaukelei etwas ein. Ich öffne die Augen erst als wir ankommen. Bananenstauden, Palmen und andere Bäume stehen so dicht, dass ich kaum einen Blick in den Hintergrund erhaschen kann. Der Dschungel um mich reflektiert eine wohltuende Undurchdringlichkeit. Neugierig spähe ich in das verworrene Dickicht.
Vereinzelt tauchen immer wieder Häuser auf, die als gebündelte Ansammlung das Chaos des Waldes durchdringen, dieses bändigen und eine Ordnung herbeiführen. Der Mekong begleitet unsere Fahrt. Träge und gemächlich zieht der Fluss dahin. Das graubraune Wasser schwappt seicht an die Uferböschung. Restaurants reihen sich am Ufer nebeneinander. Die Schlaglöcher nehmen kurz vor dem Ziel wieder zu. Für ein paar Sekunden schwebe ich beim Überfahren der unebenen Stellen über meinem Sitz nur um sogleich wieder unsanft darauf zu landen. In Asien bin ich es ja schon gewohnt. Unser Minivan fährt auf den Parkplatz von Kuang Si. Die Wasserfälle stürzen über zierliche Felsen und mehrere steinige Stufen hinab in kleine Tümpel. Dort sammelt sich das türkisblaue Wasser in stehenden Pfützen. Bei dem Versuch gute Bilder zu machen tapse ich mit den nassen Flip Flops über zwei querliegende Baumstämme. Mutig setze ich den Schuh vom rutschigen Ast auf den sandigen Boden. Zu spät wird mir bewusst, dass ich einen viel zu großen Schritt genommen habe. Die Sohle gleitet auf dem feuchten Untergrund aus und zieht die andere Sandale mit sich. Ich verliere das Gleichgewicht und rudere wie wild mit beiden Armen. Völlig ohne Eleganz platsche ich neben dem Baumstamm ins Wasser. Mit den Händen voran tauche ich ein in die kühlen Wellen.
Mein Tasche und Waden sind voller Schlamm. Die kleinen Spritzer verteilen sich in einem filigranen grauen Muster über meine Haut. Beim über die Brust legen des Taschengurts ziehe ich einen bräunlichen Striemen aus nassem Sand über mein T-Shirt. ‚Sch***se‘ sage ich laut und muss sofort über mich lachen. Ich bin die einzige, die meinen grazilen Abgang lustig findet. Alle anderen Touristen schauen mich teilnahmslos an. Ich blicke hinter mich. Die hintere Sohle meines Flip Flops ragt bis zur Hälfte aus der Mitte des schlammigen Tümpels. Der andere Schuh hat es immerhin bis kurz vors Ufer geschafft. Ich klettere wieder ins Wasser und ziehe meine Schuhe aus dem morastigen Boden. Die völlig vermatschten Plastikschuhe streife ich dann an meine Füße. Jetzt bin ich vorsichtiger, wage mich nicht mehr auf so unüberlegte Übergänge und Pfade. Allerdings wäre es jetzt eigentlich egal, denn dreckig bin ich nun schon. Bei jedem Schritt quietscht das schmutzige Wasser unter meinen Fersen. Mit einem permanenten platschenden Geräusch nähere ich mich den wunderschönen Wasserfällen.Ich ziehe die verdreckten Kleider über den Kopf und steige im Bikini ins Wasser.
Wie flüssige Jade schimmern die Wasserflächen der großen Tümpel. Die fallenden Wassermassen der kleinen Katarakte sprudeln das türkisfarbene Wasser auf. Wie ein bläuliches Juwel leuchtet der weiße blasse Schaum wenn die Wellen in den Teich gleiten. Das Wasser rund um die Kaskaden ist eiskalt. Eine feine Gänsehaut überzieht meinen gesamten Körper. Bis sich die Kälte in wohlige Wärme wandelt je länger ich in dem Gewässer bin. Das Wasser liegt strahlend in den azurblauen Becken. Die Sonnenstrahlen der Nachmittagssonne hinterlassen winzige goldene Lichtflecke auf dem stehenden See. In Kuang Si liegt der größte Wasserfall in ganz Laos. Der Hauptwasserfall stürzt ausgehend von seichten Pools ca. 60 Meter über Karstfelsen in die Tiefe. Durch das sehr kalkhaltige Wasser haben sich Sinterterrassen und türkisblaue Pools gebildet. Nach wenigen Stunden holt mich der Kleinbus wieder ab. Auf dem Rückweg beginnt der Fahrspass mit den vielen Schlaglöchern wieder von vorn. Die Asiatin vor mir kotzt vor ihren Sitz. Der Wagen hält an und sie springt hinaus. Ihre Freundinnen reichen ihr Wasser. Um das Erbrochene sauber zu machen reicht die Flasche leider nicht aus. Wir fahren dennoch weiter. Vor meinem Hotel steige ich vorsichtig über die Kotze und bin froh aus dem aufdringlichen Geruch zu entkommen und in die frische Luft zu entrinnen. Von Asiatinnen hätte ich schon erwartet, dass diese den asiatischen Fahrstil gewohnt sind.
Na ja, Pakse im Süden hat doppelt so viele Einwohner wie L.P., der dortig Tad Katamtok ist auch um einiges höher als die hier beschriebenen Kuang-Si Fälle. Besten Kaffee (vom Bolaven Plateau) gibt’s ebenfalls ‚unten‘.
Gruss
Stephan
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Dann war ich wohl einfach am falschen Fleck in Laos unterwegs. 😉 Viele Grüße
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