Der Geruch von verbranntem Ei schlängelt sich fade und gemächlich über die Tische auf der Terrasse. Ich ziehe den scheußlichen Geruch tief ein und hoffe, dass dieser nicht meinem Frühstück entspringt. Dies ist zum Glück nicht so. Entspannt schlendere ich durch die Straßen von Luang Prabang in Laos. Mehrere Tempel liegen im Stadtkern nebeneinander. Eine der buddhistischen Stätten thront weit sichtbar auf einem Hügel inmitten der Stadt, der Phou Si. In den Straßen riecht es durchdringend nach gekochtem Reis. Träge schwebt das Parfum gekochten Essens in den Gassen und vermischt sich mit dem schmutzigen Staub der sandigen Straßen. Die letzten zwei Tage waren eher kühl mit milden Regenschauern. Heute ist es angenehm warm. Die Sonne brennt heiß. Da man in Laos als Tourist auf Schritt und Tritt übers Ohr gehauen wird, bin ich froh meine Sachen im Zimmer meines Guesthouses abschließen zu können. Was total nervt, ist vor jedem Tempel die Schuhe ausziehen zu müssen. Sogar Geschäfte verlangen, dass die Flip Flops beim Einkaufen vor der Tür bleiben.
Ich steige die 300 Stufen zum Wat Phou Si hinauf. Obwohl es angenehm warm ist sind die Treppen den Hügel hinauf eine Plackerei. Ich atme schnell und hektisch. Völlig zerstreut über die überschaubare Anhöhe liegen die Gebäude des Tempels. Ein buddhistisches Kloster besteht immer aus einem Zentrum, dem Singh. Hier werden die Mönche geweiht und man versammelt sich zum Gebet. Zu einem Wat gehören aber auch die Wohnhäuser der Mönche ebenso wie Stupas, in die Reliquien eingemauert sind. Daneben steht ein Trommelturm um das jeweilige Gebet einzuschlagen. Täglich kommen Buddhisten um zu opfern oder zu beten. Oder die Menschen hören einfach zu, wenn der Vorsteher des Klosters religiöse Schriften liest. Der Ausblick über die zierliche Stadt mit 70.000 Einwohnern ist atemberaubend. Wie ein sich kontinuierlich bewegender Rahmen windet sich der dunkelgrüne dichte Urwald um das Stilleben aus schlanken Kolonialhäusern. Monoton und kontinuierlich zirpen Grillen in der Umgebung ihr entspanntes Lied. Die gelassene Atmosphäre überträgt sich auf mich. Hier oben herrscht eine wohltuende Stille. Ich genieße die erwünschte Isolation und suhle mich in der Einsamkeit der Umgebung. Gierig saugt mein Blick die hübsche Szenerie auf und ich versuche mir alle Einzelheiten dieser schönen Landschaft einzuprägen. In den Geschäften nahe dem Tempel kaufe ich ein paar Postkarten und beschrifte diese in einem Straßencafe. Auf der Suche nach einem Briefkasten genehmige ich mir in einem Restaurant mit Garten ein Glas Wein.
Luang Prabang war einst die Königsstadt und Hauptstadt von Laos. Im 14 Jhd. gründete König Fa Ngum das erste laotische Königreich Lang Xang (Land der Millionen Elefanten). In den folgenden 200 Jahren dehnte sich das Land stark aus, bevor es in drei Herrschaftsbereiche zerfiel: Luang Prabang, Vientiane (die heutige Hauptstadt) und Champassak. Im 17. und 18. Jahrhundert starteten die Nachbarländer mehrfach Invasionen. Siam sicherte sich letztlich die Oberherrschaft. Dagegen versuchten sich die Laoten 1827 zu wehren, waren jedoch erfolglos. Siamesische Truppen zerstörten Vientiane und gliederten große Teile von Laos in ihr Reich ein. Ab 1860 begann Frankreich mit Erkundungen des Mekong-Gebiets Interesse an der Region zu zeigen. 1893 trat Siam dann alle Gebiete östlich des Mekong an Frankreich ab, wodurch diese ein Teil von Französisch-Indochina wurden. 14 Jahre später kamen auch einige Gebiet westlich des Mekongs dazu. Im April 1945 erklärte sich Laos unabhängig, doch Frankreich eroberte Vientiane und das laotische Gebiet zurück und gliederte es wieder in sein Kolonialreich ein. Am Ende des Ersten Indochinakriegs erlangte Laos im Juli 1954 dann endgültig seine Selbständigkeit.
Die folgenden 20 Jahre litt das Land unter einem schwelenden Bürgerkrieg, dessen Verlauf stark vom Zweiten Indochinakrieg beeinflusst wurde. Es gelang es den untereinander zerstrittenen Laoten nicht, während des Vietnamkriegs neutral zu bleiben. Das Land geriet mitten in den Ost-West-Konflikt, und die US-Luftwaffe bombardierte das laotische Binnenland am Mekong in den 1960er und 1970er Jahren heftig. Während zu dieser Zeit weltweit über den Vietnam-Krieg in den Medien berichtet wurde, ignorierte die Öffentlichkeit den Krieg in Laos weitgehend. Deshalb nannte man diesen auch ‚geheimer Krieg‘. Pro Einwohner warfen die Amerikaner 2,5 Tonnen Bomben über dem Land ab. Diese unvorstellbare Masse macht Laos zum am stärksten bombardierten Land der Welt. Fast niemand weiß das. Die Folgen sind heute noch für die Bevölkerung allgegenwärtig spürbar. In Laos liegen unzählige Blindgänger, denen regelmäßig vor allem Kinder zum Opfer fallen. Oder Reisbauern während diese ihre Felder bewirtschaften. Dieses Volk hat während des Vietnamkrieges unheimlich gelitten. Es leidet immer noch. Zum Glück blieben die Gebäude Luang Prabangs von den Angriffen des Krieges hauptsächlich verschont.
Inzwischen gehört die Luang Prabang zum Unesco-Weltkulturerbe und ist damit eine von zwei Welterbestätten in Laos. 32 buddhistische Klöster sowie die gesamte französische Kolonialarchitektur in der Stadt wurden unter Denkmalschutz gestellt und werden seitdem restauriert. Durch die Kolonialzeit ist der Ort stark französisch geprägt. Es gibt viele französische Touristen und an fast jeder Ecke belegte Baguettes. Ich esse auf dem Night Market zu Abend. Für umgerechnet 1,50 Euro kann ich mich am Gemüsebuffet bedienen. Gegrilltes Fleisch kostet etwas mehr. Hier gibt es keine Fast Food Ketten wie z. B. Mc Donalds. Luang Prabang ist Touristenmagnet und dennoch ein vergessener Fleck. Ich hoffe, dass mein Magen das Essen vom Straßenrand verträgt. In Laos gibt es keine Hygienevorschriften. Seife finde ich nur selten auf den Toiletten, ganz zu schweigen von Klopapier. Der Gebrauch dieser Dinge ist für mich selbstverständlich. In Laos nicht. In diesem Land vermisse ich nur Luxusgüter.