Die Bananenschale verfehlt meinen Kopf nur um wenige Millimeter. Mein Gesicht schnellt nach oben. Den Affen, der mich hinterhältig attackiert hat, bekomme ich nicht zu Gesicht. Im Wat Tham Pla im Umland zu Chiang Rai lassen sich zahlreiche Makaken mit Erdnüssen und Bananen von den Touristen füttern. Jeden Morgen kommen die Primaten von den umliegenden Felsformationen hinunter zum Tempel um sich ihr Essen abzuholen. Nachmittags verschwindet die Affenhorde wieder in den Bergklippen. Ich halte eine Nuss in Richtung des kleinen Äffchens, das vor mir auf dem Boden sitzt. Wie ein Mensch nimmt mir das Tier mein Geschenk aus der Hand. Dann zieht er mit der anderen Hand ungeduldig an meiner Hose. Seine Fingerchen grabschen ungeduldig in der Luft auf und zu. Die Fütterung geht ihm nicht schnell genug. Er ist immer noch hungrig. Ich bin umringt von einer Horde Affen. Diese schnappen sich alles, was für sie nach Essbarem aussieht, auch direkt aus den Taschen der Besucher. Neuen Angriffen durch fliegende Bananenschalen bin ich zum Glück nicht ausgesetzt. Die niedlichen Gesichter täuschen dennoch. Immer wieder kommt es vor, dass die gierigen Affen aggressiv werden und Touristen angreifen. Einige Thais halten die Tiere daher mit langen Stöcken immer wieder auf Distanz. Es sind eben wildlebende Tiere.
‚Das da drüben ist eine Hahnenkampfarena.‘ unser Reiseführer zeigt auf einen langweiligen und unförmigen Komplex am Rande der Straße. ‚Die Hühner dort kämpfen gegeneinander bis zum Tod. Der Besitzer des Gewinners erhält dann als Preisgeld 5.000 Baht (ca. 130 Euro). Eigentlich ist dieser Kampf in Thailand verboten. Aber die Veranstalter schmieren die Polizisten und die Veranstaltungen finden daher weiter statt.‘ Angewidert schüttle ich den Kopf. 5000 Baht sind hier viel Geld. Die Tiere tun mir leid, sie haben in diesem Land überhaupt keine Rechte und Daseinsberechtigung. ‚Wir passieren jetzt den Punkt an dem die Autos auf Opiumschmuggel untersucht werden.‘ fährt der junge Thai gleichgültig fort. Wir sind auf dem Weg zum nördlichsten Punkt Thailands. Hier stößt die thailändische Grenze an die von Myanmar und Laos. Dieser Zusammenstoss nennt sich ‚Goldenes Dreieck‘. Ein simpler Torbogen kennzeichnet diesen bedeutsamen Punkt. Den Namen hat er vom ’schwarzen Gold‘ – dem Opium. Mit dem Drogenhandel wurde in dieser Region viel Geld gemacht.
Eigentlich wurde Opium im Mittelmeerraum entdeckt, von wem ist unklar. In Griechenland, Italien, Persien und Ägypten wurde die Pflanze bereits 1.000 v. Chr. als Narkotikum und Medizin genutzt. Alexander der Große brachte die Droge dann zwischen 356 und 326 v. Chr. nach Indien und China. Von dort nahmen Ende des 19. Jhds bis Anfang des 20. Jhds indigene Stämme den Stoff mit auf ihrer Wanderung durch die Berge in die Grenzregionen von Thailand, Laos und Myanmar. So gelangte die Substanz ins Goldene Dreieck. Über die Herkunft des schwarzen Goldes gibt es in den Bergstämmen in dieser Region verschiedene Sagen. Nach der Legende der Akha lebte einst ein wunderschönes Mädchen, das viele Verehrer hatte. Von allen Männern hatte sie 7 Favoriten. Diese hielten gleichzeitig um die Hand der jungen Frau an. Sie wollte keinen Verehrer enttäuschen und entschied sich alle Männer gleichzeitig zu lieben, auch wenn sie wusste, dass dies auf Dauer ihr Tod sein würde. Als sie ihr Leben nicht mehr ertragen konnte bat sie um den Tod und darum als wunderschöne Blume wiedergeboren zu werden. Sie bat ihre Verwandten sich gut um ihr Grab zu kümmern, aus dem eines Tages eine bezaubernde Blume wachsen würde. Wer immer den Saft der Blüte probiert würde dies genießen und immer mehr wollen. Gut und Böse würde die Pflanze in sich vereinen.
Eine andere Erzählung des Stammes spricht von einem bildhübschen jungen Mädchen, das einen furchtbaren Körpergeruch hatte. Kein Mann wollte ihr daher nahe kommen. Sie führte solch ein einsames und trauriges Leben, dass sie an gebrochenem Herzen starb. Vor ihrem Tod bat sie die Menschen aus ihrem Dorf gut für ihre Ruhestätte zu sorgen. Eine bezaubernde anmutige Blume wuchs darauf. Jeder, der den Saft der Knospe kostete, verlangte wieder und wieder nach deren Essenz. Bringt diese auch ungeahnte Freuden, verursacht sie im Nachgang unerträgliches Leid. Ich schlendere durch die überschaubaren Hallen des Opiummuseums in Chiang Saen, das den Anbau und Handel der Droge beschreibt. Das schwarze Gold ist eine einjährige Pflanze und wird etwa 50-150 cm hoch. Der Mohn aus dem es gewonnen wird hat weiße, rote, violette oder pinkfarbene Blütenblätter. Aus den lila Mohnkapseln erhält man den besten Saft zur Drogenherstellung, den Latex. Bei den Bergvölkern werden diese Kapseln den Geistern geopfert oder als Medizin genutzt. Eine Mohnblume enthält etwa 3-8 Samenhülsen.
Jede Samenkapsel kann 3-4 Mal angeritzt werden jeweils mit einer Pause dazwischen von 2-3 Tagen. Um 1,6 Kilogramm (ein Viss) der Droge zu erhalten werden 3.000 Mohnkapseln benötigt. Rohes Opium kann 2 Jahre gelagert werden ohne seine Wirkung zu verlieren. 3-7 Tage nachdem das letzte Blütenblatt abgefallen ist, kann die reife gelbliche Hülse verwendet werden. Die beste Zeit um die Kapsel anzuritzen ist am Mittag bis zum späten Nachmittag, da die Ausbeute an Latex dann am höchsten ist. Das Ritzen muss sehr vorsichtig geschehen. Schneidet man zu tief gibt die Pflanze nur wenig Rohstoff in Form Latex her. Der Saft gerinnt später und wird in getrockneten Zustand dunkelbraun. So erhält man die Rohmasse des Opium. Mit einem spitzen Messer wird diese in Scheiben geschnitten und in einer Opiumpfanne erhitzt. Nach dem Erhitzen ist das Opium fertig und wird dunkel gelagert. Die Blume dient aber nicht nur als Droge: Die kleinen Samen kann man ohne betäubende Wirkung nutzen um Kuchen zu dekorieren und Desserts zu kreieren. Das Öl wird zur Herstellung von Flüssigwaschmittel, Seife oder Farbe genutzt.
Die Länder des Goldenen Dreiecks gehören zusammen mit Afghanistan zu den größten illegalen Opiumproduzenten der Welt. Zu den körperlichen Langzeitfolgen von Opiumgebrauch gehören Appetitlosigkeit und dadurch Gewichtsverlust bis zur Abmagerung und völligen Entkräftung, aber auch Kreislaufstörungen und Muskelschmerzen. Bei Überdosierung droht akute Atemlähmung mit Todesfolge. Psychische Auswirkungen sind Abhängigkeit, Antriebsschwäche und häufig auch starke Persönlichkeitsveränderungen, einhergehend mit Apathie. Die Wirkung der Droge hält etwa 4 Stunden an. Am Anfang erzeugt das gerauchte Opium Entspannung, Linderung von Schmerzen und Ängsten, verminderte Wachsamkeit und eine gestörte Koordination. Wiederholter oder chronischer Gebrauch macht allerdings gegen die Wirkerscheinungen immun. Bei Absetzen der Substanz hat der Nutzer starke Entzugserscheinungen. Der Körper braucht immer mehr von der Droge um in den Genuss der euphorischen Gefühle zu kommen.
In einer typischen Opiumhöhle raucht der Konsument die Droge im Liegen auf einer Bambusmatte. Durch dieses Material wird die Luft nicht daran gehindert nahe am Körper des Abhängigen zu zirkulieren. Der am Boden Liegende wird dadurch gekühlt und fühlt sich beim Rauchen angenehm und komfortabel. Die Opiumpfeife besteht aus zwei Teilen, dem Pfeifenstiel aus Bambus und dem kleinen Aufsatz aus Lehm zum Verbrennen der Masse. Kleine Opiumkugeln kommen dazu in die zierliche runde Öffnung am Aufsatz und werden angezündet. Der Kopf des Süchtigen liegt dabei auf einem harten Kissen aus Leder, Holz oder Porzellan mit einer bequemen Höhe von etwa 16cm. Besonders Porzellankissen halten den Kopf des Rauchenden angenehm kühl und auch wenn diese ziemlich hart sind merkt man nach ein paar Opiumpfeifen davon nichts mehr. Dann fühlt man sich als wäre man auf Wolken gebettet. Mein Mitleid gilt den Menschen, die Opfer dieser Sucht sind.



Ich habe mal einen Beitrag von jemandem gelesen, der bei so einem Hahnenkampf dabei war. Die Tiere werden oft mit Amphetaminen aufgeputscht, um sie noch aggressiver zu machen. Als wäre die Natur nicht so schon gnadenlos genug…
Liebe Grüße
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