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Die morgendliche Wintersonne zeichnet wenige zarte goldgelbe Kringel auf das unebene Kopfsteinpflaster auf Stralsunds Markt. Rotbraun leuchten die Giebel der Hansehäuser unter dem grauen, wolkenverhangenen Himmel. Zwischen den rostbraunen Backsteinbauten schmiegen sich makellose pastellfarbene Hausfassaden. Es ist noch früh am Tag und die einzelnen wärmenden sonnigen Strahlen zaubern eine frühlingshafte Frische und vertreiben die kühle Brise, die vom Meer herüber weht. Die Luft fühlt sich nicht wie Januar an. Ich atme den kalten, belebenden Hauch tief ein. Möwen ziehen über mir ihre Runden und schreien mit heiseren, krächzenden Lauten nach einem Frühstück. Den Menschen geht es ähnlich. Die ersten Fahrradfahrer parken ihre Drahtesel vor der Bäckerei auf der Suche nach frisch gebackenen Brötchen. Der graue Morgen spiegelt sich als dämmriger Nebeldunst in den Fensterscheiben der Erker der vielen Prachtbauten in der Innenstadt. Kleine bunte Fachwerkhäuser tun sich eng aneinander gebaut in den überschaubaren Höfen und Plätzen aus mittelalterlichen Gängen und schmalen Häuserfronten auf.
Imposant ragen die wuchtigen Kirchen aus den Zeiten der Hanse in den verhangenen Himmel. Die wunderschönen verzierten Häuser reichen bis zum Hafen und hin zum Wasser. Stralsunds Geschichte ist eng mit dem Meer verbunden. Seit der Gründung 1234 lebte die Stadt vom Fernhandel und vom Schiffsbau. Heute ist Stralsund besonders für salzige Heringe bekannt und der hübsche Stadtkern zieht vor allem im Sommer viele Urlauber aus den Badeorten der Umgebung an. Hier wurde 1871 vom Händler Johann Wiechmann der Bismarckhering erfunden. Die sauer eingelegten Fische durfte der Kaufmann nach dem damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck benennen, der die dieser Art zubereiteten Heringe überaus gemocht haben soll. Er soll gesagt haben ‚Wenn der Hering so teuer wie der Hummer wäre, gälte er mit Sicherheit in den höchsten Kreisen als Delikatesse‘. Das Meer ist immer noch allgegenwärtig spürbar im schönen Stralsund und die eleganten Flügelschläge der Möwen lassen die Nähe der Fluten erahnen. Kein Wunder also, dass das Meeresmuseum im alten Katharinenkloster aus den Zeiten der Hanse und deren maritimem Wohlstand untergebracht ist. Die Ergänzung dazu bildet das moderne Gebäude des Ozeaneums im Hafengebiet. Beide Museen beinhalten große Aquarien, die sowohl die Tierwelt der Nord- und Ostsee, als auch der Weltmeere wie Atlantik und Pazifik zeigen.
Die Wassermenge auf unserem Planeten übersteigt jede menschliche Vorstellungskraft. Die Erde besteht zu einem Großteil aus Wasser. 1,43 Trilliarden Liter. 1 430 000 000 000 000 000 000. Ohne Wasser wäre die Erde einfach nur ein heißer und wüster Planet. Wir könnten garnicht existieren. Das Weltmeer bedeckt etwa zwei Drittel der Erdoberfläche und enthält ungefähr 97% allen Wassers auf der Erde. Im Grunde landet alle Flüssigkeit immer wieder im Ozean. Die Sonne verdunstet diese über den Meeren und dem Festland. Als Regen oder Schnee fällt das Wasser dann wieder zurück. Wasser bestimmt unser Klima aktiv mit. So herrscht dank des warmen Golfstroms, der von der Karibik durch den Nordatlantik bis nach Nordeuropa fließt zum Glück ein mildes Klima. Deshalb gibt es bei uns relativ warme Winter und keine Rentiere oder Dauerfrost wie in Teilen Sibiriens, die genauso weit nördlich auf der Weltkarte wie wir liegen.
Das Meer ist ein besonderes in sich geschlossenes Ökosystem. Meerespflanzen wie Algen und Seegras nehmen Kohlenstoff und Nährstoffe aus dem umgebenden Wasser auf. Sie wandeln diese Stoffe in organische Substanzen um und liefern so die Nahrungsgrundlage für viele Lebewesen im Meer. Dieser ständige Kreislauf ist total durchdacht. Sterben die Organismen ab, wird der gespeicherte Kohlenstoff dann wieder frei und steht anderen Lebewesen zur Verfügung. Echt clever! Muscheln und Korallen bilden ihre Schalen und Skelette ebenfalls aus dem aufgenommenen Element. Und Leben gibt es im Meer überall. Selbst in den finstersten Gründen. Mit zunehmender Wassertiefe steigt allerdings der Druck auf alle Meeresbewohner. In 3.000 m Tiefe lasten 300 Kilogramm auf jedem Quadratzentimeter eines Körpers. Dennoch können dort dank erstaunlicher Anpassungen im Körperbau viele Tiere unter den extremen Bedingungen leben. Pottwale können z. B. bis zu 3.000 m tief tauchen.Verrückt! Wir Menschen hingegen erreichen solche Meerestiefen wenn überhaupt nur mit Hilfe aufwendiger technischer Geräte.
Dieses wunderbare Wassersystem ist leider stark bedroht. Jedes Jahr gelangen unvorstellbare 6 Millionen Tonnen Müll ins Meer. 90% davon bestehen aus Plastik. Da dieses nicht verrottet, finden sich die Reste überall: von der Küste bis in die Tiefsee, von der Ostssee bis in den Nordpazifik. Unser Zivilisationsmüll ist die Ursache für den Tod von Millionen Meerestieren. Viele Lebewesen verwechseln unseren Unrat mit Nahrung. Meereschildkröten halten Plastiktüten z.B. häufig für Quallen. Seevögel fressen treibende Plastikteile und verfüttern diese an ihre Jungen. Nicht selten verhungern die Tiere, weil sich ihr Magen statt mit Nahrung mit Abfallprodukten füllt. In den 1990er Jahren entdeckten Forscher riesige Müllansammlungen, die nahe der Meeresoberfläche durch den ganzen Nordpazifik kreisen. Auch in anderen Ozeanen gibt es diese Müllteppiche. Sie werden immer größer, denn es kommt ständig neuer Abfall dazu. Dabei dauert es länger als 450 Jahre bis sich eine Plastikflasche im Meer selbst abbaut.
Unheimlich viele Alltagsprodukte enthalten heute Mikroplastik. Z. B. Minikunstoffkugeln als Füllstoffe in Kosmetik und Zahnpasta. Fleecepullover und Kunststofftextilien aus Polyester verlieren bei jedem Waschgang Plastikfasern. Kläranlagen halten diese winzigen Partikel nicht zurück, über die Abwässer gelangt dieses Plastik ebenfalls ins Meer. Meerestiere nehmen diese giftigen Mikropartikel auf. Hinzu kommt, dass der Hunger der Menschen nach Fisch täglich steigt. Im Jahr summiert sich die Fangmenge an Fisch weltweit auf etwa 80 Millionen Tonnen. Ein Drittel aller Fischbestände ist bereits überfischt. 90% aller großen Raubfische sind verschwunden. Es gibt zu viele Schiffe, die Fischfang betreiben, von denen einige Fangmethoden die Lebensräume im Meer gravierend zerstören. Ein Netz von Schutzgebieten wäre daher in allen Ozeanen notwendig, um die bestehenden und wichtigen Biotope zu schützen und die Vielfalt der Meere zu bewahren. Schifffahrtsrouten wären vorsichtig zu planen, um Wanderwege zwischen den einzelnen Meeresgebieten für deren Bewohner und ihren Nachwuchs zu erhalten.
Durch Massenproduktion auf Zuchtfarmen versucht der Mensch mit Aquakulturen die Fischproduktion zu sichern. Ein grundsätzlich guter Versuch. Allerdings werden diese Fische meist mit Futterfisch aus dem Meer und vielen Medikamenten gemästet. Reste von Pharmaka gelangen auch dadurch zurück ins Meer. Das Fischangebot innerhalb der Meere wird durch solche Kulturen leider nicht erhöht. Zusätzlich müssten die Fangmethoden der Fischerei überdacht werden. Wie gehen wir mit der Erde um? Und was wollen wir aus ihr machen? Hochmoderne Schiffe legen bis 1.500 Meter in die Tiefe reichende Grundschleppnetze aus. Diese haben ein Geschirr, das über den Meeresboden gezogen wird und ihn dabei regelrecht durchpflügt. Kein Lebewesen hat eine Chance zu entkommen und eine Szenerie der Verwüstung bleibt zurück. Fast genauso schlimm ist der Fischfang mit Treibnetzen, die wie kilometerlange Todesnetze im Wasser stehen. Der Beifang, also das was unabsichtlich mitgefangen wird, ist oft größer als die gewollte Beute. In den illegalen Netzen verfangen sich jedes Jahr tausende Schildkröten, Haie, Delphine und Wale und werden dann ins Meer zurück geworfen, da diese nicht zu verwerten sind. Ein sinnloser Tod. Wie können wir diese Ausbeutung verhindern? Oder ist es uns egal? Trotz eines EU-Verbots 2002 werden die Netze weiterhin ausgelegt.
Die generelle Zerstörung der Natur und der Meere sowie ihrer Bewohner geht sicherlich weit über die Müllmengen im Meer und das Problem der Überfischung hinaus. Wir nutzen Jahr für Jahr immer mehr Erdöl, Erdgas und Kohle und blasen gigantische Mengen von Kohlendioxid in die Luft. Die Weltmeere können große Mengen davon speichern, allerdings nicht die riesigen Summen, die durch uns freigesetzt werden. Das Gas verbleibt in der Luft und verstärkt den Treibhauseffekt. Durch das immer wärmere Klima sind die Meeresspiegel deutlich angestiegen. In den letzten Jahren um etwa 20cm. Wieso zerstören wir unseren Lebensraum? Wissen wir es vielleicht nicht besser? Denken wir an unsere Umgebung, wenn wir eine weitere Plastikverpackung achtlos wegwerfen? Wir haben unser Schicksal selbst in der Hand. Bis zum Jahre 2100 erwarten Klimaforscher einen Anstieg des Meeres um etwa einen Meter. Die Polkappen der Welt schmelzen und in den Tropen können sich dadurch verheerende Stürme bilden. Mehr als 99% des gesamten Inlandeises der Erde lagern auf dem Festland der Antarktis und auf Grönland. Große Mengen dieser Eispanzer sind bereits geschmolzen und schmelzen weiter. Der Anstieg des Meeres wird dauerhaft für die Küstenbewohner zum Verhängnis, neue Deiche müssten dann gebaut und die alten auch verstärkt werden. Sonst wird es die Nord- und Ostsee womöglich irgendwann nicht mehr geben. Wenn wir denken, das alles betrifft uns nicht und wir sind sowieso verstorben, bevor das alles geschieht, wird niemand sich verantwortlich fühlen. Aber es ist unser Tun! Jetzt.