Quälend langsam schlängelt sich unser Bus am Nil entlang. Die Hitze ist unerträglich. Ich spüre wie Schweißperlen langsam meinen Hals herab rinnen bis diese sich mit dem Stoff meines T-Shirts verbinden. Die Schwüle des Tages zeichnet Muster aus hinabperlenden Wassertropfen auf die Fensterscheiben. Mit der flachen Hand fächele ich mir die heiße Luft zu. Ich kann kaum atmen, siedendheiß schießt der Sauerstoff in meine Lunge und verbrennt die Atemwege. Ich huste und betrachte den Flussarm des Nils, der in die Innenstadt von Kairo führt. Furchtbar dreckig ist das Wasser. Die Einheimischen werfen so ziemlich alles hinein. Der längste Fluss der Erde misst fast 6700 Km und ist die Lebensader Ägyptens. Ein ganzes, totes Pferd liegt starr im verschmutzten Fluss, ich traue meinen Augen nicht. Ich blinzle mehrmals. Da liegt tatsächlich ein Pferd im seichten Wasser. Wenig später taucht ein toter Hund auf. Achtlos werfen die Ägypter alles unbrauchbare in den verstaubten Flussarm.
Die Hauptstadt Ägyptens ist ein Moloch. Wüstenstaub und klebriger Smog verlieren sich in den unendlichen Autoschlangen Richtung Innenstadt. Hinter die Räder eines Autos am Straßenrand sind Backsteinen geklemmt. Sie fungieren als Bremse, damit das Auto nicht weg rollt. In Ägypten kann man auch ohne einen voll funktionsfähigen Wagen am Straßenverkehr teilnehmen. Wir fahren zu den Pyramiden von Gizeh. Auf einem Wüstenplateau erbaut überragen diese die ausufernde Stadt Kairo. Als stille Zeitzeugen erinnern sie an die alte Welt der Pharaonen. Die Cheops Pyramide lässt sich als einzige besteigen und das tue ich auch. Bei der Hitze sind die Stufen nach Oben eine echte Plackerei. Gleich daneben stehen die Pyramiden von Chefren und Mykerinos. Davor wachen die Sphinx über die Grabstätten der ägyptischen Könige. Eine erhabene Ruhe liegt über dem Ort, trotz der vielen Touristen. Eine frische Brise wirbelt durch mein Haar und weht die kleinen Schweißtropfen vom Kragen meines T-Shirts.
‚Fotos?‘ fragt mich in geschäftstüchtiger, ägyptischer Mann. ‚Klar.‘ stimme ich zu. Die unglaublichen Bauleistungen des ägyptischen Volkes vor so vielen Jahren begeistert mich. Schon dirigiert der Ägypter mich in bestimmte Posen. ‚Beug Dich vor. Und jetzt Kussmund machen bitte.‘ sagt er bestimmt. Ich folge seinen Kommandos und die Fotos gefallen mir gut. Eine Tuareg-Gruppe kreuzt unseren Weg. ‚Die Tuareg verwenden die Kräuter und Pflanzen, die in der Wüste wachsen für jegliche Krankheiten.‘ erklärt unser Reiseführer. ‚Sie werden dadurch bis zu 90 Jahre alt. Verheiratet werden die Mädchen allerdings schon im Teenageralter. Sie haben nicht selten mehr als zehn Kinder.‘ Ein Naturvolk, das mit und in der kargen Umgebung der Wüste lebt. Eine Heirat in so jungen Jahren mit einem zumeist viel älteren Partner widert mich aber an. Die armen Mädchen.
Nachdenklich steige ich wieder in unseren Reisebus. Wir fahren zum ägyptischen Museum. Ich bestaune die Grabmaske Tutenchamuns, die aus dem Tal der Könige in Luxor hier ausgestellt wird. Unglaublich wie weit die Hochkultur der Ägypter schon war. Wie schade, dass sich dieser Höhepunkt nicht gehalten hat. Ägypten ist für uns kein fortschrittliches Land mehr, die Errungenschaften der alten Zeit sind vergessen. Ein Beispiel, dass die Entwicklung eines Landes durchaus auch rückläufig sein kann. Zum Abschluss des Tagesausflugs besichtigt unsere Reisegruppe die Koptische Kirche in Kairo. Eine Woche später werden bei einem Bombenanschlag auf die Kirche mehr als 20 Menschen verletzt. Ich sehe die Nachrichten in meiner Wohnung in Deutschland. Ich bin ensetzt. Vor einer Woche stand ich selbst auf dem Platz der nun im Fernsehen gezeigt wird. Zum Reisen gehört immer Glück dazu. Und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.