Vor ein paar Jahren hatte ich einen Freund zum Jahreswechsel in Zürich besucht. Den schönsten Rutsch ins neue Jahr hatte ich hier verbracht. Tagsüber konnte ich durch die weihnachtliche Stadt schlendern und die gemütliche Altstadt der größten schweizer Stadt genießen. In der hellen wärmenden Sonne kann ich die klirrende Kälte um mich völlig vergessen. Ich recke mein Gesicht in die glänzenden Strahlen und den azurblauen Himmel und genieße die kleinen Lichtfächer, die Gesicht und Hals hinabgleiten. Vom Bahnhof kommend durchstreife ich Zürichs elegante Bahnhofsstraße. Von einer Straßenseite zur anderen ziehen mich die luxuriösen Geschäfte an. Leisten kann ich mir hier definitiv nichts, aber das einfache Anschauen der vielen funkelnden, glitzernden Auslagen bereitet mir den größten Spaß. Am Bürkliplatz überquere ich die Limmat, die mitten durch die Stadt fließt.
Vom Opernhaus aus laufe ich in den ältesten Stadtteil Zürichs. Gespickt mit schmalen, kleinen Häusern, in denen man aufgrund der Breite kaum ein Geschäft vermuten könnte, empfängt mich das ‚Niederdörfli‘. Die makelosen Häuserfassaden sind mit zierlichen Erkern und dekorativen Wandmalereien geschmückt und vermitteln ein Urlaubsfeeling wie in Tirol. Ich lasse mich treiben und spaziere durch die überschaubaren Kopfsteingassen. Bald ist es Zeit für unser Sylvesterraclette und ich spaziere an der Flußpromenade entlang zum Zürichsee. Kleine, dunkelgrüne Wellen plätschern sacht und leise an die steinerne Uferpromenade. Auf dem Wasser treiben bereits die Boote, von denen nach Mitternacht das gewaltige Feuerwerk der Züricher Bankiers in die Luft geschossen wird. 850.000 Franken explodieren heute Nacht über dem Himmel des beschaulichen Zürichsees.
Das Raclette schmeckt fabelhaft. Die Schweizer sind mit 450 Käsesorten eine Nation echter Käseliebhaber. Pro Kopf liegt der Verzehr bei ca. 22 Kg. Die Käseherstellung hat hier jahrhundertelange Tradition. Knapp die Hälfte der abgelieferten Milch der Bauern wird in der Schweiz zu Käse verarbeitet. Lebensmittel haben in der Schweiz eine viel bessere Qualität, zumindest schmecken diese so. Die Zeit vergeht schnell. Die Uhr des Großmünster schlägt zwölf Mal. Wie ein melodischer Schleier weht der feine Notenhauch über die Züricher Innenstadt bis hin zu unserem Standpunkt am See. Die schwarze Wasserfläche und der dunkle Himmel gehen fast nahtlos in einander über. Nur die kleine helleren Boote schaukeln leise und verheißungsvoll auf der Wasseroberfläche und unterscheiden den Himmel von den sanften Wellen.
Das Feuerwerk beginnt, die Darbietung ist gigantisch. In großen, farbigen Blumen aus hinablaufenden, feurigen Schlieren legen sich die bunten Feuerwerkskörper über den schwarzen Himmel. 3D Skulpturen wie Smileys und Würfel explodieren in einem Farbspektakel und erhellen den Nachthimmel wie einen Regenbogen. Über dem farbenprächtigen Schauspiel liegt der kalte Rauch der angezündeten Raketen wie ein verbrannter Nebelhauch. Die Darbietung ist endlos. Immer wieder erklimmen neue Feuerschwärmer den Himmel und bersten im gleisenden Licht der verschiedensten Farbschattierungen bis auch die letzten Glutkügelchen am Himmel vergehen und uns wieder die Dunkelheit umgibt. Mit kleinen Wunderkerzen gehen wir dagegen an. Bitten still um Erwartungen, die für uns und andere im neuen Jahr in Erfüllung gehen sollen. Das alles im unbedeutenden Licht der kleinen Sprühkerze, die kaum die Nacht um uns zu durchdringen vermag.
Den Abend lassen wir in einem Irish Pub nahe des Hauptbahnhofs ausklingen. Die beiden Pubs Lady Hamilton und Nelsons Pub gehören zusammen und sind ein beliebter Treffpunkt in der Innenstadt. Zumal man hier auch bis 5 Uhr am Morgen feiern kann. Eine Schweizerin haben wir bei unseren guten Wünschen für das neue Jahr leider nicht bedacht. Kurz bevor wir gehen fällt uns vor dem Pub ein Stilettomädchen vor die Füße. Außer dem Schreck auf 8cm Absätzen zu Boden zu segeln hat sich die Züricherin zum Glück nichts getan. Das kommt davon, nicht mit dem Öffnen der Clutch zu warten bis man an der Haustür ist. In alkoholisiertem Zustand auf hohen Absätzen das Gleichgewicht zu halten und zur gleichen Zeit dabei den Haustürschlüssel herauszukramen hat schon manche Frau zu Fall gebracht. Gleich entzünde ich noch eine Wunderkerze. Wer weiß was noch kommt, besser spät als nie.