Sanft streicht meine Hand über die Metallsilhouette des Wagens. Mein Finger zeichnet zärtlich entlang der türkisfarbenen Motorhaube bis zu den schwarzen Scheinwerfern. Für jemanden wie mich, der Autos nur nach Aussehen und Farbe anstelle nach PS-Zahl beurteilt ist das Porsche Museum in Stuttgart nur aufgrund der bunten Fahrzeuge interessant. Ich schlendere durch die Wagenreihen auf der Suche nach dem Modell eines Porsche Spyder wie ihn James Dean gefahren hat. Leider erfolglos. Ich ziehe die Tür eines silbernen Wagens auf und lasse mich auf den Fahrersitz fallen. Ich versinke so tief im Sitz, dass lediglich mein schmales Gesicht über das Lederlenkrad lukt. Fest umfasse ich das Steuer mit beiden Händen. Ein zufriedenes Gefühl breitet sich in mir aus. So ein kleiner Flitzer steht mir unheimlich gut. Wir passen sichtlich zusammen. Eigentlich halte ich gar nichts von Statussymbolen. Ich liebe meinen zierlichen VW Up!, seit einigen Jahren der einzige konstante Mann in meinem Leben. Dennoch genieße ich die Dekadenz in einem Porsche zu sitzen. Vor meiner Tür drängeln die kleinen Kinder zum Aussteigen. Entspannt drücke ich mich in den Sitz und trete das Gaspedal durch. Dieser Wagen vermittelt eine besondere Befriedigung.
Kaum zu glauben, dass solch ein Auto verflucht sein könnte. Vor mehr als 60 Jahren saß James Dean hinter einem Porsche Spyder und begann eine Unglücksfahrt, die ihn und seinen Mitfahrer das Leben kostete. Im Herbst 1955 wurden von Porsche 5 Spyder angeboten, James Dean kaufte sich sofort einen. Ob Ferry Porsche bei seinem bekannten Statement ‚Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.‘ ahnte, dass einer der vom ihm entworfenen Sportwagen als verflucht gelten würde, ist ziemlich fraglich. Wahrscheinlich nicht. James Dean gehörte in den 50er Jahren zu einer Handvoll Porschefahrern in Amerika. Der Schauspieler liebte schnelle Autos und wollte ursprünglich Grand-Prix-Pilot werden. Durch den Erfolg des Dramas „Jenseits von Eden“ war er bereits mit Mitte 20 ein Hollywoodstar. Dank der lukrativen Verträge mit dem Filmstudio Warner Brothers kaufte sich Dean mit 24 Jahren einen neuen Porsche Spyder für umgerechnet 24.000 Mark. Der 30. September 1955 war ein Freitag. Am Morgen holte Rennmechaniker Rolf Wütherich den neuen Porsche in der Werkstatt ab. James Dean und er machten sich auf den Weg von Los Angeles in die etwas weiter nördlich gelegene Stadt Salinas. Dort sollte ein Rennen stattfinden, an dem der Schauspieler mit seinem neuen Wagen teilnehmen wollte.
Um 15:30 Uhr wurden die beiden von der Highway Patrol gestoppt, sie fuhren 10 Meilen zu schnell. James Dean setzte seine letzte Unterschrift unter einen Strafzettel über 25 Dollar. Kurz vor der Abzweigung des Highway 41 von der 466 überholte Dean in einem waghalsigen Manöver ein Auto aus Los Angeles. Dank dem Ausweichmanöver eines entgegenkommenden Fahrers konnte Deans Wagen zwischen zwei Wagen auf der schmalen Fernstraße hindurch fahren. Dean, der Analysen aus den 90er-Jahren zufolge weniger schnell fuhr als jahrzehntelang behauptet, näherte sich dann gegen 17.45 Uhr der Abzweigung, an der der 23-jährige Student Donald Turnupseed in seinem schwarz-weißen Ford Tudor zu einem Linksabbiegemanöver ansetzte. Der junge Mann übersah den mit 130 Km/h herannahenden Porsche und die Autos kollidierten. Dean hatte die Scheinwerfer trotz Abenddämmerung nicht eingeschaltet und keine Zeit, auszuweichen, sodass er ungebremst in den Ford fuhr. Rolf Wütherich wurde etwa 30 Meter weit aus dem Beifahrersitz geschleudert. Er brach sich den Kiefer und trug schwere Verletzungen an Beinen und Hüfte davon, überlebte aber. Der Student, der Deans Porsche übersehen hat, überlebte unverletzt nur mit einem Schock ebenfalls. Einzig der Schauspieler starb in seinem Porsche. Sein Kopf knallte auf das Lenkrad, er brach sich das Genick und seine Knochen wurden zerschmettert. Die zerfetzte Aluminiumkarosserie seines Porsche 550 Spyder wurde völlig zerstört.
Offizieller Zeitpunkt des Unfalls laut Polizeibericht war 17.59 Uhr. So endete das kurze Leben von James Byron Dean, dem gerade eben berühmt gewordene 24-jährigen Schauspieler. Der Wuschelkopf, Zigarettenraucher, Rennfahrer, der geniale Schauspieler oder vielleicht auch wirklich Verzweifelte starb an einer Kreuzung im kalifornischen Nirgendwo. Weder die Aufnahmen von den Todesfahrten von Grace Kelly noch von Prinzessin Diana behielten über die Jahrzehnte eine solche Durchschlagskraft wie das Bild des zerstörten Porsche. Es zählt bis heute zu den bekanntesten Aufnahmen der Automobilgeschichte. Dean selbst und der Schauspieler Alec Guinness hatten eine Vorahnung gehabt. ‚Wenn du diesen Wagen fährst, wirst du nächste Woche um diese Zeit nicht mehr leben‘ hatte Guinness eine Woche zuvor zu seinem Freund gesagt. Dean hatte während eines Werbespotdrehs zum Thema Verkehrssicherheit behauptet, er fahre extravorsichtig. ‚Früher bin ich auch ganz schön gerast und habe unnötig viel riskiert. Aber seit ich Rennen fahre, bin ich auf der Straße besonders vorsichtig geworden. Die Leute haben ja oft gar keine Ahnung, was für einen gefährlichen Mist sie bauen. Man weiß nie, was so ein Typ auf der Straße als nächstes tut. Auf dem Rennplatz gibt es viele Leute, die über neue Regeln und Sicherheitsmaßnahmen nachdenken. Ich bin in letzter Zeit sehr vorsichtig im Straßenverkehr. Ich habe überhaupt keine Lust mehr, zu rasen. Es heißt, dass man als Rennfahrer gefährlich lebt, aber ich fordere lieber auf der Rennbahn das Glück heraus als auf dem Highway.‘ Seine Abschiedsworte in dem Werbespot waren ‚Fahrt vorsichtig! Vielleicht bin ich es, dem ihr damit eines Tages das Leben rettet.‘
Donald Turnupseed, der den flachen, silbernen Porsche im Abendlicht womöglich schlicht übersehen hatte, bog jedenfalls links ab und nahm Dean die Vorfahrt. Die beiden Sanitäter, die Dean in ihren Krankenwagen legten, wussten zunächst nicht, wer dieser Verkehrstote war. Erst nachdem sie Deans Füße mühsam aus der Pedalerie befreit und ihn unter einer grauen Decke zu ihrem Buick-Krankenwagen getragen hatten klärten Freunde des Schauspielers, die in einem Ford hinterher gefahren waren, die Sanitäter über ihr prominentes Unfallopfer auf. Bei den in den 90er-Jahren durchgeführten Analysen wurde das Tempo des Porsche als zwischen 55 (88,5 km/h) und 60 (96,5 km/h) Meilen pro Stunde liegend ermittelt. Nach dem 30. September 1955 bildeten sich rund um den Unfall legenden und Geschichten. Aus einem talentierten Schauspieler wurde ein Mythos der ewigen Jugend – bis heute. Und die deutsche Sportwagenmarke Porsche avancierte zum Hersteller für Draufgänger. Auch wenn es makaber klingt: Nach dem Tod James Deans konnten sich Porschefahrer wie Rebellen fühlen. Ursula Andress war derzeit die Freundin von James Dean und hatte an diesem Tag schon ein äußert ungutes Gefühl daß etwas passieren würde. Jimmy bat sie, ihn doch zu dem Rennen zu begleiten, doch sie lehnte ab. Sie versuchte ihn umzustimmen und bat ihn, nachdem sie ihm von ihren negativen Gefühlen berichtet hatte, sich das noch einmal zu überlegen und nicht zu fahren. Doch James Dean ließ sich nicht aufhalten. Er war fest entschlossen an dem Rennen teilzunehmen und wollte sich dies um nichts auf der Welt nehmen lassen. Dies war der letzte Moment an dem Ursula Andress ihren „Jimmy“ das letzte mal lebend sah.
Das allein sind nur 2 von vielen unheimlichen Vorfällen die mit dem Tod von James Dean in Verbindung gebracht werden. Doch er war nur der erste unter vielen, die den „Fluch“ des Porsche 550 Spyder zu spüren bekam. James gab ihm den Namen „Kleiner Bastard“ und dem wurde das Fahrzeug in vielerlei Hinsicht gerecht. Das Wrack des Unfallwagens wurde von George Barris, ein Ersatzteilhändler, erstanden. Er wollte die Teile, die bei dem Unfall nicht beschädigt wurden, weiter verwenden. Beim Abladen des Wagens in seiner Werkstatt fiel der Wagen von der Rampe und verletzte einen Mechaniker. Dieser kam mit einem gebrochenen Bein davon. Anders als der Fahrer eines Sportwagens der 2 Reifen des „Kleinen Bastards“ kaufte und diese an sein Fahrzeug montierte. Auf unerklärliche Weise explodierten beide Reifen während der Fahrt und der Halter des Sportwagens kam von der Straße ab. Er wurde bei dem Unfall schwer verletzt und währe beinahe getötet worden. Oktober ´56 war der „Kleine Bastard“ gleich an 3 Unfällen beteiligt. Sie ereigneten sich während eines einzigen Rennens in Pomona, Kalifornien. Der Motor des Unglückswagens wurde unlängst in das Auto von Dr. William Eschrich, einem Arzt, eingebaut. Er entkam nur knapp dem Tod, nachdem sich sein Fahrzeug in einer Kurve plötzlich überschlug. Einem Polizisten, der nicht von dem Unfallort entfernt stand, flog eines der Räder mitten ins Gesicht.
Ein weiterer Arzt, Dr. Troy McHenry, der an dem Rennen teilnahm, hatte die Heckflosse des „Kleinen Bastard“ an seinen Wagen montiert. Er kam bei dem Rennen ums Leben als er die Kontrolle über seinen Wagen verlor und gegen einen Baum prallte. George Barkuis, LKW-Fahrer, verlor sein Leben als er den „Kleinen Bastard“ auf der Tragfläche seines Lastwagens transportierte. Sein Lastzug kam von der Straße ab und er wurde dabei aus seiner Fahrerkabine geschleudert. Trotz daß der „Kleine Bastard“ gesichert war, flog dieser mit ganzer Wucht von der Tragfläche und fiel dierekt auf den LKW-Fahrer und zerquetschte diesen. Ein weiterer Vorfall ereignete sich als der „Kleine Bastard“ zusammen mit anderen Autos in einer Garage stand, die aus unerklärlichen Gründen, Feuer fing. Alle Wagen brannten völlig aus. Doch der „Kleine Bastard“ blieb völlig unversehrt. 1960 verschwand der Wagen auf einer Zugfahrt von Miami nach Barris, offensichtlich wurde er gestohlen. Was aus dem Dieb und dem Wagen wurde ist bis heute nicht bekannt. Hoffentlich leben beide noch.
Nach den ganzen Geschichten über Flüche kommt mir ein Besuch des Weihnachtsmarktes gerade Recht. Wie eine leichte Puderzuckerhaube überzieht der frische Schnee ganz sanft den Schlossplatz. Mildes weiß leuchtet gegen den grauen wolkenverhangenen Himmel. Auf den Dächern der hölzernen Buden sitzen kleine Nikoläuse in ihren Schlitten. Renntiere blicken die Besucher aufmerksam an. Auf einer Eisfläche vor dem Schloss drehen Schlittschuhläufer ihre Runden. Geschenke in Silberpapier und bunte Lichter blinken um die Wette. Über allem liegt der feine Geruch aus Lebkuchen und gerösteten Kastanien. Er mischt sich mit dem Duft der brennenden Kerzen und dem Lachen der glücklichen Kinder zu einer Sinfonie der Weihnachtszeit. Wie ein feiner Hauch zieht das würzige Aroma von Zimt, Nelken und Glühwein durch die schmalen Gässchen der Buden. Vergessen ist der verfluchte Wagen.