Wie ein Säuseln vor dem Sturm nähert sich die japanische, hohe Frauenstimme. Mit jedem Schritt der asiatischen Reisegruppe wird die Musik aus dem kleinen Radio lauter. Die Mickey-Maus-Stimme zerreist die wunderbare Ruhe und untermalt die hektischen Bewegungen der Japaner. Wie ein Sturm fegen sie über mich hinweg. Schnelle Fotos ohne richtig hinzusehen. Sie betrachten die Umgebung durch ihre Kamera. Eilig knipsen sie ihre Posen auf der wunderschönen Stadtmauer von Dubrovnik. Ich sitze auf dem Stadtwall, meine Beine baumeln in der leichten Brise, die vom Hafen herauf weht. Die Japaner ignoriere ich so gut es geht und warte bis die stürmische Bö vorüberzieht. Nach wenigen Minuten umgibt mich wieder gleichmäßige Stille. Ich habe die Mauer für mich allein. Die ganze Stadt lässt sich auf den imposanten Zinnen umrunden.
Wie ein Gürtel aus hellem Stein legen sich die gewaltigen Wände um die Altstadt der kroatischen Küstenstadt. Der Wind zaust leicht in meinen Haaren und die wohlwollende Frühlingssonne schickt warme Strahlen in kleinen Sprenkeln auf die Haut meiner Arme. Ich recke mein Gesicht in den blauen Himmel und der hellen Sonne entgegen. Langsam tapse ich die Stufen zu Dubrovniks Altstadt hinab. Um mich streben die steinernen Gebäude in den makellosen Himmel. Die angenehme Ruhe wird von den zahllosen Mauern um mich reflektiert und zurück geworfen. Ich bin eine der wenigen Touristen, die Kroatien in der Nebensaison im März besuchen. Das Ehepaar, das mein Hostel unterhält hat extra für mich geöffnet. Ich bin der einzige Gast.
Nach meinem ausgiebigen Rundgang durch die Innenstadt schlendere ich kurz durch den Hafen. Die Nachmittagssonne taucht die Szenerie der Umgebung in goldenes Licht und die rötlichen Lichtstrahlen tanzen auf den leicht plätschernden Wellen. Ich spaziere zurück in die Unterkunft. Als ich die Tür zur Veranda öffne, treffe ich meine Gastgeberin. ‚Wollen Sie einen Kaffee.‘ bietet sie mir freundlich an. ‚Oh ja. Gerne.‘ Ich nicke eifrig, der Spaziergang hat mich müde gemacht. Meine Antwort nimmt sie mit einem freudigen, breiten Lächeln entgegen. Sie reicht mir eine Tasse mit landestypischem Mokka. Der starke, bittere Kaffee erweckt mein Gemüt. Ich würde fast sagen, er verhilft Toten wieder zum Leben. ‚Oster-Kaffee‘ würde meine Mutter jetzt sagen. Wegen der Auferstehung. Eine lebendige Unterhaltung entwickelt sich zwischen uns.
‚Ich habe mit 18 Jahren geheiratet.‘ erzählt mir die Hotelbesitzerin. ‚Wir haben 8 Kinder.‘ Stolz blitzt in ihren Augen auf, sie liebt ihre Familie. Zugleich legt sich ein leichter Schatten über ihr Gesicht. Ein kurzes Niederschlagen der Lider und ein zögerlicher Blick zu Boden sagen mir, ihr Leben war nicht immer leicht. Als sie aufsieht ist ihre Sicht stark und klar, Lachfältchen umrahmen ihre Mimik. ‚Ich bin nie gereist, ich war immer nur hier an diesem Ort. Ich unterhalte mich gern mit Fremden, das ist meine Art Urlaub zu machen. Die Erzählungen unserer Gäste.‘ Verlegen schaut sie zur Seite. ‚Ich habe mich immer um das Hotel gekümmert. Mein Mann ist Lehrer, er konnte bei der Erziehung der Kinder und in der Unterkunft nicht viel helfen. Er hatte früher auch ein Problem mit Alkohol, das war für mich nicht leicht. Viele Männer haben das hier. ‚ Sie hebt abwehrend die Hand, als müsse sie ihn entschuldigen. Ich höre aufmerksam zu.
Dann erzähle ich von mir. Ich bin ein Mensch, der gern verreist. Den Ort zu wechseln und so lange zu bleiben wie ich möchte, ist für mich wichtig. Ich hätte auch nie immer nur in einer Stadt wohnen können. Ich erzähle ihr, dass ich letztes Jahr in München gelebt habe. ‚Ein Beziehungsmensch bin ich nicht.‘ erkläre ich ihr, als sie mir eröffnet, dass sie über 30 Jahre verheiratet ist. ‚Das ist wohl wie mit dem Reisen, ich bin glücklich wenn ich unterwegs bin.‘ füge ich hinzu. ‚Die Liebe hält dem unsteten Charakter nicht gut stand.‘ Ein Schmunzeln huscht über ihr Gesicht und sie ergreift meine Hand. ‚Du musst Dir einen Mann mit einem guten Herzen suchen, das ist das Wichtigste.‘ tröstet sie mich und spricht aus Erfahrung. Und doch weiß ich nicht, ob es so einfach ist. Ein Mann, der ein gutes Herz hat, aber sein Leben grundsätzlich nicht im Griff, würde mit mir nicht harmonieren. Mein Partner muss mit beiden Beinen im Leben stehen. Dennoch weiß ich, was sie mir sagen will. Lass Dich von Deinem Herzen leiten. Der liebgemeinte, ehrliche Ratschlag entlockt mir ein dankbares Lächeln. Mit beiden Händen umfasse ich ihre und drücke diese fest.