Das Tor zur Sahara

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Fest umklammere ich die mir entgegengestreckte Hand und springe ab. Unsanft landen meine Turnschuhe auf dem ächzenden Sandsack des träge dahinziehenden Asif Mellah. Der Fluss hat nur im Winter und Frühjahr Wasser, im Rest des Jahres ist das Flussbett total ausgetrocknet. Die Sonne bricht sich auf den rotschimmernden Felsen des Atlasgebirges. Die gleißenden Strahlen durchschneiden die schwüle Hitze und brechen in feuriger Glut vermischt mit der heißen Luft der Sahara über unsere Köpfe hinweg. Vertrocknetes, staubiges Land umgibt mich. Die rötliche Erde trocknet im heißen sonnigen Licht zu hartem, bröckeligem Lehm. Die daraus gebauten kleinen Behausungen ziehen sich am Gebirgsausläufer des Atlasgebirges hinauf wie ein in die Höhe wachsendes Schattenspiel. Schwach flimmern die roten Konturen in der drückenden Wärme der Luft und unterscheiden sich kaum von der felsigen Landschaft, die mich umgibt. Ein schmaler Lehmweg schlängelt sich hinauf zu den ersten kleinen Hütten. Die Schritte sind mühsam und die Schuhe bleiben im feuchten Boden stecken.

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Ich bin der einzige Tourist. ‚Hoffentlich gibts hier keine Schlangen‘ skeptisch mustere ich die kargen Schilfhalme, die den Morast durchsetzen. Ich hätte auch wie alle anderen Urlauber den Umweg über die Steinbrücke, die offiziell in die Stadt führt gehen können. Der Weg über den Fluß hatte mich mehr gereizt. Durch den schlammigen schmalen Pfad kämpfe ich mich voran. Meine Hände tasten die sandige ockerfarbene Stadtmauer und ziehen sich daran entlang. Vorsichtig setze ich einen Fuß in den Innenhof. Dann umgibt mich Ait Ben Haddou. Die kleinen Lehmhäuser gehören Berberfamilien, die hauptsächlich von der Landwirtschaft leben. Die Wohnburgen sind eng aneinander gebaut. Ihre Türme sind mit geometrischen Zeichen verziert, die den bösen Blick und Unheil abhalten sollen. Ich schlendere durch die Straßen und genieße den Ausblick auf die karge Wüste.

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Das Tor zur Sahara ist ein beliebter Ort um Filme zu drehen. Hier wurden sowohl Szenen aus Lawrence von Arabien, als auch die Mumie, Gladiator oder Game of Thrones aufgenommen. Die überschaubaren Läden locken die Besucher mit traditionel gewebten Täschchen und Tüchern. Eine alte Frau mit zerfurchtem Gesicht klimpert mit orientalischem Schmuck und schwenkt einladend verzierte Armreife in meine Richtung. Ablehnend hebe ich die Hand und schüttele den Kopf. Das Gewirr aus den sich windenden Gässchen ist unendlich. Die Ähnlichkeit der Wände und Strassen ist verwirrend. Alles sieht gleich aus, ob Läden, Restaurants oder Wohnungen. Neugierig folge ich einer der kleinen, steinernen Treppen, die sich durch die ganze Stadt winden. Ich biege plötzlich um eine Ecke und stehe mitten in einem Saal. Mit einem ehrlichen, breiten Grinsen mustert mich ein Mann. Gespannt sehe ich mich um. Dann folge ich kurzentschlossen den nächsten steinernen Stufen. Ich blicke von einer Terrasse auf dem Dach über das erdfarbene Dorf. Jemand tippt mir auf die Schulter. ‚Das ist mein Haus.‘ bedeutet mir der fremde Marokkaner freundlich und mit wohlwollendem Gesichtsausdruck. Ich war mitten in seinem Wohnzimmer gelandet.

 


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